
Generative KI bietet ganz neue Möglichkeiten, um Zukunftsbeschreibungen zu visualisieren und ihnen damit eine neue Ebene zu verleihen. Für diesen Beitrag habe ich getestet, wie die Bild-KI DALL-E sich die Zukunft vorstellt. Die Ergebnisse sind wie erwartet nicht perfekt, aber es gibt gute Alternativen.
KI hat schon zur Europawahl die Parteiversprechen visualisiert
Vor der Europawahl hat der Content Creator Max Mundhenke einen interessanten Versuch gestartet: Er hat die Wahlprogramme der großen Parteien einer KI gegeben und aus ihnen entsprechende Bilder generieren lassen. Die Ergebnisse waren interessant und ein guter Ausgangspunkt für weitergehende Diskussionen über die Parteien und die (Un-)Fähigkeiten der Bild-KI. Eine ausführliche Einschätzung gab es bei der Berliner Morgenpost: „KI übersetzt Wahlprogramme in Bilder – Ergebnis fasziniert.“
Wie eine KI die Zukunft sieht – der Versuch
Mit KI-generierten Bildern zu arbeiten, finde ich gerade im Zusammenhang mit Zukünften total spannend. Immerhin reden wir hier über etwas, das es (noch) nicht gibt und deshalb kann es auch kein realistisches Bild davon geben. Aber mit bildgenerierenden Tools haben wir die Möglichkeit, einer Idee eine Gestalt zu geben und sie damit anschaulicher zu machen.
So weit die Idee – die Realität des ersten rudimentären Tests war aber erstmal ernüchternd. Für diesen Versuch habe ich mit de der App von Microsoft Copilot gearbeitet, der die bildgenerierende KI DALL-E 3 nutzt.
Zwei Versuche mit dem Befehl „Erstelle ein Bild von der Zukunft“ haben sehr ähnliche Bilder hervorgebracht. Hier zwei Beispiele:


Zu sehen sind städtische, technologielastige Szenarien, mit asphaltierten Straßen und vielen Autos. Immerhin können diese scheinbar auch fliegen und es gibt hologrammartige Visualisierungen an den Gebäuden. Alles kommt düster und in kühlem Blau daher. Cyberpunk lässt grüßen.
OK, so leicht gebe ich nicht auf, dachte ich mir und versuchte es mit einer Ergänzung:
„Erstelle mir ein Bild einer feministischen Zukunft.“
Warum feministisch? In Kürze kann vielleicht die Beschreibung der feministischen Außenpolitik eine hinreichende Erklärung sein. Mittelfristig möchte ich unbedingt einen eigenen Blogbeitrag zum Thema Utopien und Feminismus machen. Also stay tuned. 🙂
“Ziel einer feministischen Außenpolitik ist es, die Perspektiven aller Menschen – unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung und Identität, Hautfarbe, Religion, mit oder ohne Behinderung – zu berücksichtigen. Sie nimmt den Menschen als Individuum in den Fokus und sieht die Gerechtigkeit als zentralen Wert an. “ “Was ist feministische Außenpolitik?” beim Deutschlandfunk
Was die KI erstellte, waren sehr ähnliche Bilder wie vorher, mit dem Unterschied, dass es geradlinige Grünflächen zwischen den Autostraßen und einige Frauen in Wissenschaftskitteln zu sehen gibt.


Vielleicht ein Anfang, aber immer noch nicht das, was ich mir gerne unter der Zukunft vorstelle und bei Weitem nicht alles, was der Feminismus für die Zukunft zu bieten hätte.
Warum KI die Zukunft düster aussehen lässt.
Ich gebe zu, mein Prompt war nicht sehr ausgefeilt und trotzdem veranschaulicht mein Versuch genau den Gedanken, der mich auch zu diesem Blog geführt hat: Wie wir uns die Zukunft vorstellen, hängt maßgeblich von der Vergangenheit ab. Mit dem Begriff End-Of-History-Illusion hat Henning Beck das gut erklärt: Das Geschichtsbuch hört in der Gegenwart auf, alles Zukünftige konstruieren wir aus dem, was bis hierhin gewesen ist. Und oft fällt es uns schwer, wirklich etwas Neues zu denken. Die KI macht es genauso: Die Datensätze mit denen das System arbeitet, bestehen aus vergangenen Erzählungen, mit all ihren Vorurteilen und Auslassungen. Sind die vergangenen Zukunftserzählungen eher dystopisch, sieht auch die KI generierte Zukunft so aus.
„Erstelle ein Bild von einer Utopie“
Im dritten Schritt habe ich die Anweisung gegeben, das Bild einer “Utopie” zu erstellen. Heraus kamen Fantasiegebilde, die wortwörtlich als losgelöste Insel in den Wolken schweben. Es gibt viel Natur, kräftige Farben und wenig Technik oder Beton. Auch hier verarbeitet der Algorithmus das, was er als „Utopie“ in den Daten findet. Die früheren Utopie-Geschichten auf fiktiven Inseln sind da bestimmt ein großer Bestandteil (mehr dazu hattte ich schonmal in diesem Blogbeitrag geschrieben).


„Gute“ Zukunftsbilder entdecken
Gute Zukunftsbilder sind solche, die unterschiedliche Möglichkeitsräume aufzeigen. So können diese Bilder in Zukunft besser gelingen, als bei meinem spontanen Test:
- Die Prompts für Zukunftsbilder detaillierter und konkreter gestalten. Vermutlich ist es sogar hilfreicher, gar nicht das Wort Zukunft zu erwähnen.
- Die Bilderstellung mit unterschiedlichen generativen Tools ausprobieren. (Wenn ihr dazu bereits Material habt, sagt gerne in den Kommentaren Bescheid).
- Vorhandene Bildarchive nutzen, wie z.B. die utopischen Visuals in der Infothek für Realutopien.
Bildgenerierende KI als Gamechanger?
Wie seht ihr das? Können die Bild-KIs unsere Vorstellungen und den Austausch über Zukünfte auf ein neues Level heben? Oder ist diese Technologie eher ein Nice-To-Have beim Thema Utopien und Zukünfte? Ich bin gespannt auf eure Meinungen – gerne hier in den Kommentaren.
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