Zukünftebildung in Unternehmen und Schulen. Interview mit Zukünftedenkerin Eva Tomas Casado (Teil 2 von 2)

Zukünftebildung in Unternehmen und Schulen. Interview mit Zukünftedenkerin Eva Tomas Casado (Teil 2 von 2)

“Wir sagen immer, wir bereiten die Kinder auf die Zukunft vor, aber wir wissen gar nicht, wie das geht.”

Diesen Satz hat die Futuristin und Unternehmensberaterin Eva Tomas Casado aus einem Gespräch mit einer Lehrkraft mitgebracht. Mit ihrem Engagement bei der NGO “Teach the Future” möchte Eva genau dort ansetzen und das Wissen um Zukünfte zu den Schüler*innen und Lehrkräften bringen. Wie das gelingt und wie sie den ersten Workshop mit Jugendlichen erlebt hat, erzählt sie im 2. Teil dieses Interviews (Teil 1 findest du hier).

Seit Februar diesen Jahres leitest du das “Teach the Future” Netzwerk in Österreich. Welche Ziele verfolgt das Netzwerk und wie erreicht ihr diese?

DIe Idee hinter Teach the Future ist, Zukünftebildung als zentrale Fähigkeit in die Schulen zu bringen, sowohl für die Schüler als auch für die Lehrkräfte. Die hohe Technologisierung führt dazu, dass das antizipative und kreative Denken genau das ist, was uns nach wie vor ganz stark von der Künstlichen Intelligenz abhebt. Eine Lehrkraft sagte mir in diesem Zusammenhang: „Wir sagen immer, wir bereiten die Kinder auf die Zukunft vor, aber wir wissen gar nicht, wie das geht.” Und das ist der Ansatz von Teach the Future, Raum zu schaffen für das antizipative Denken.

Als Mutter war irgendwann bei mir der Wunsch da, zusätzlich zu den Unternehmen auch mit Kindern und Jugendlichen professionell in einem schulischen Kontext an dem Thema Zukünfte zu arbeiten. Da es in Österreich noch keinen eigenen Hub vom Teach the Future-Netzwerk  gab, habe ich den selbst gegründet. Gerade bin ich noch dabei, die gesamte Bildungslandschaft kennenzulernen und habe erste Workshops mit Jugendlichen gemacht. An der Mittelschule gibt es bei uns ein eigenes Unterrichtsfach “Berufsorientierung”, da konnte ich mit den Jugendlichen arbeiten. Die Arbeit mit den Schülern habe ich sehr genossen, weil spannende Diskussionen entstanden sind. Ich fand es sehr bereichernd, mehr über die Narrative zu erfahren, mit denen die Jugendlichen aufwachsen.

Eva Tomas Casado

Hast du die Schulstunde nach einer bestimmten Methode gestaltet?

Von der Lehrerin wurde mir im Vorfeld gesagt, die Kinder seien schwer zu motivieren und die meisten würden “nur Fortnite [ein Online Co-Op Spiel] spielen” wollen. Das habe ich mir zunutze gemacht und in Fortnite einen “Futures Royal”-Workshop gestaltet. Die Spiel-Mechanik ist insofern interessant aus der Zukünfteperspektive, weil du dich als Spieler in einer sich ständig verändernden Map bewegst, in der du dich immer wieder neu orientieren musst. Das war natürlich ein Hook, mit dem ich die Kinder gut abholen konnte. 

Haben die Kinder deiner Erfahrung nach einen anderen Zugang als die Erwachsenen in  Unternehmen?

Die Kinder sind noch kreativer und eher bereit, in andere Gedankenwelten einzusteigen. Außerdem haben sie einfach noch nicht so viele Lebenserfahrungen, die sie in die Zukunft projizieren. Was mich überraschte im Zusammenhang mit der Beschäftigung mit dem Thema “Zukunft der Arbeit” war, dass diesen jungen Menschen die soziale Echte-Welt-Interaktion auch für die Zukünfte enorm wichtig war. Das hat mich sehr überrascht, da man kommenden Generationen ja gerne unterstellt, dass sie soziale Interaktion verlernen.

Brauchen wir ein Unterrichtsfach “Zukünftebildung” in Schulen oder generell einen anderen Zugang zum Thema Zukünfte?

Ich glaube nicht , dass wir ein eigenes Fach brauchen. Wir brauchen – ähnlich wie in Unternehmen – Lehrkräfte, die zukunftsgebildet sind, damit diese Perspektive im regulären Unterricht einfließen kann. Die Unterrichtsstrukturen sind sehr straff und linear, da bleibt aktuell wenig Raum für kreative Entfaltung, noch nicht mal Kunstunterricht. Generell müssen wir in der Schulbildung weg von Daten und hin zu sozialen, antizipativen und kollaborativen Kompetenzen. Ganz im Sinne von „Democratize the Future” darf das Thema kein isoliertes Unterrichtsfach sein, sondern jede*r sollte etwas beitragen können.

Gibt es ein Zitat über die Zukunft, das dir besonders gefällt? Welches ist es und was magst du daran besonders?

Für mich ist das Problem mit Zitaten und Sprüchen über die Zukunft immer, dass dir nie jemand sagt, wie du sie konkret gestalten kannst. Jede Bank sagt dir “Zukunft gehört dir” und das Thema ist ein Buzzword geworden, aber die Ebene darunter kommt dann meist nicht. 

 ”Ich beschäftige mich nicht mit der Zukunft. Sie kommt sowieso schnell genug.” 

Das am Anfang unseres Gesprächs erwähnte Zitat von Albert Einstein verwende ich aber sehr gern, weil ich gerne provoziere und finde, dass nur aus der Diskussion etwas Neues entstehen kann.

Vielen Dank für das interessante Gespräch, Eva!


Entdecke mehr von UTOPIEGESTALTEN

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Hinterlasse einen Kommentar